Ich habe Amazon jahrelang genutzt – zuverlässig, schnell, bequem. Prime-Mitglied, regelmäßige Bestellungen, digitale Käufe – ich war ein typischer Stammkunde. Doch was mir kürzlich passiert ist, hat meine Sicht auf den Konzern grundlegend verändert.
Das Problem beginnt bei der Zustellung
Zwei meiner Bestellungen wurden laut Sendungsverfolgung bei einem „Nachbarn“ abgegeben.
Ich habe nie eine Abgabe bei Nachbarn erlaubt.
Und schlimmer noch: Ich war den ganzen Tag über im Homeoffice – niemand hat geklingelt, kein Zettel, kein Kontakt. Nur ein Systemeintrag: „Zugestellt bei Nachbar“. Welcher? Keine Ahnung. Paket: unauffindbar.
Vom Kundenservice allein gelassen
Ich kontaktierte den Kundenservice – mehrmals. Die Reaktionen:
- Standardtexte ohne Substanz
- Kein Ansprechpartner, keine Eskalation
- Nur der Verweis auf ein „internes Ticket“
- Kein Ergebnis, keine Entschuldigung, keine Rückerstattung
Als Kunde bleibt einem nur eins: Abgeben und hoffen. Kein Gefühl von Sicherheit – nur Ohnmacht.
Ein System der Verantwortungslosigkeit
Amazon schiebt die Verantwortung nach unten – auf Zusteller, Nachbarn, „interne Prozesse“.
Doch der Kaufvertrag besteht zwischen mir und Amazon, nicht mit einem Subunternehmen.
Amazon bewirbt sich als das kundenfreundlichste Unternehmen der Welt – aber wenn etwas schiefläuft, heißt es plötzlich: „Wir können nichts tun.“
Das ist kein Service. Das ist Flucht.
Mitarbeitende? Nur so viel, wie gerade nötig.
Wer einmal mit Zustellern oder Lagerarbeitern gesprochen hat, weiß, was hinter der glänzenden Fassade passiert:
- Akkordarbeit
- Zehn-Stunden-Schichten
- Kein Tariflohn
- Keine langfristige Sicherheit
Ein Gehalt, bei dem man nur mitmacht, wenn man wirklich muss.
Und genau wie bei Lieferando oder ähnlichen Plattformmodellen: Die, die das System am Laufen halten, arbeiten am Limit – für möglichst wenig Geld, mit möglichst wenig Absicherung.
Das Prinzip ist überall dasselbe: Skalieren, optimieren, auslagern. Menschliche Belastung? Nebensache.
Alte Vorwürfe, keine Antworten: Steuersitz & Konzernethik
Dass Amazon in Deutschland Milliarden umsetzt, aber kaum Steuern zahlt, ist bekannt. Gewinne verschwinden in Luxemburg, Irland, Delaware.
Und wenn mal Kritik kommt? Dann schweigt man sich aus. Oder schickt PR-Statements.
Ein Konzern, der sich rechtlich perfekt absichert – und ethisch möglichst wenig Verantwortung übernimmt.
Der Preis: Der echte Handel stirbt
Mit jeder Prime-Bestellung stirbt ein Stück vom lokalen Handel.
Buchhandlungen, Fachgeschäfte, Einzelhändler – sie können im Preiskampf gegen Amazon nicht mithalten.
Nicht, weil sie schlechter sind. Sondern weil sie noch Verantwortung tragen:
- Für Mitarbeitende
- Für Service
- Für faire Preise
- Für echte Beratung
Doch sie verlieren – gegen Plattformen, die keine Bindung kennen, nur Algorithmen.
Fazit: Ein System, das wir nicht länger belohnen sollten
Ich habe mein Amazon-Konto zum 16.07.2025 dauerhaft gelöscht.
Weil ich nicht Teil eines Systems sein will, das nach unten tritt und sich bei Problemen duckt.
Weil ich nicht nur billig, sondern auch fair einkaufen will.
Weil es nicht nur um Pakete geht – sondern um Haltung.